David North
Das Erbe, das wir verteidigen

Revolutionärer Defätismus im Zweiten Weltkrieg

Im Frühjahr und Frühsommer 1941, kurz vor dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg, bereitete die Roosevelt-Regierung in enger Zusammenarbeit mit der rechten Bürokratie der Teamster-Gewerkschaft einen massiven staatlichen Angriff auf die Socialist Workers Party und ihre wichtigste Basis in den Gewerkschaften vor, den Teamster-Ortsverband Local 544 in St. Paul-Minneapolis im Bundesstaat Minnesota.

Am 27. Juni 1941 durchsuchten FBI-Agenten das dortige Büro der SWP und beschlagnahmten große Mengen Literatur und Parteiunterlagen. Etwa zwei Wochen später, am 15. Juli 1941, klagte ein Bundesgerichtshof 28 Mitglieder der SWP wegen aufrührerischer Tätigkeit in zwei Fällen an, darunter den nationalen Sekretär, James P. Cannon, und praktisch die gesamte Parteiführung in Minneapolis.

Im ersten Anklagepunkt wurde der SWP vorgeworfen, eine »Verschwörung zum gewaltsamen Sturz der Regierung« gebildet zu haben. Der zweite Anklagepunkt begründete sich auf den Smith Act, der im Vorjahr verabschiedet worden war. Darin wurde der SWP vorgeworfen, zu Befehlsverweigerung in der Armee und zum gewaltsamen Sturz der Regierung aufgerufen zu haben.

Die gerichtliche Verfolgung durch die Regierung – von den Stalinisten enthusiastisch unterstützt – drohte der Socialist Workers Party ihre Führer zu rauben. Cannon und seinen Mitangeklagten drohten jahrelange Haftstrafen.

Der Prozess begann am 27. Oktober 1941 und endete knapp sechs Wochen später, am 8. Dezember 1941, einen Tag nach dem Überfall auf Pearl Harbour, als Roosevelt Japan den Krieg erklärte. Der Höhepunkt des Prozesses war das Verhör Cannons vom 18. bis 21. November. Als Cannon von dem Verteidiger Albert Goldstein – selbst SWP-Führer und Angeklagter des Minneapolis-Prozesses – und Staatsanwalt Schweinhaut befragt wurde, verteidigte er das Parteiprogramm der revolutionären Opposition gegen den imperialistischen Krieg. Seine Aussage war eine knappe Zusammenfassung der theoretischen und politischen Grundlagen des Marxismus und seiner revolutionären Perspektive.

Während Cannon die Anklagen der Regierung zurückwies, die das Verbot der Socialist Workers Party bedeutet hätten, hielt er die Opposition der Partei gegen den Krieg aufrecht und verteidigte ihr Programm der sozialistischen Revolution. Die Broschüre »Der Sozialismus vor Gericht« (»Socialism on Trial«), in der seine Aussage veröffentlicht wurde, wurde zu einer grundlegenden Schrift der Vierten Internationale, die von den Kadern in aller Welt gelesen wurde.

Achtzehn der Angeklagten wurden in dem zweiten Anklagepunkt für schuldig befunden und zu Gefängnisstrafen bis zu eineinhalb Jahren verurteilt. Ihre Versuche, Berufung einzulegen, wurden ihnen schließlich verwehrt. Cannon kam am 1. Januar 1944 in Haft und wurde ein gutes Jahr später wieder freigelassen.

Die Socialist Workers Party war die einzige Partei in der Arbeiterklasse, die sich gegen den Krieg stellte und die »antifaschistische« Volksfront ablehnte, die unter Führung der Stalinisten für Roosevelt eintrat. Aus diesem Grund war die SWP die einzige Tendenz in der Arbeiterbewegung der USA, deren Führung während des Zweiten Weltkriegs inhaftiert wurde.

Fünfundvierzig Jahre nach dem Minneapolis-Prozess verurteilt M. Banda den damaligen Standpunkt der SWP als »größten Verrat des Trotzkismus«, in dem Cannon

schamlos die Strategie und Taktik des revolutionären Defätismus fallenließ, … zugunsten einer teilweise auf nationale Verteidigung ausgerichteten Linie, und dieser kriminelle Verrat wurde vom Internationalen Exekutivkomitee (IEK) gutgeheißen; ebenso stimmte das Internationale Sekretariat (IS) zu, nur G. Munis wandte sich dagegen.

Cannons politische Feigheit und seine Kapitulation vor den rückständigen Schichten der US-amerikanischen Arbeiterklasse wurde das Handlungsmuster für die WIL-Revolutionary Communist Party in England, und sein Buch »Der Sozialismus vor Gericht« wurde zum Evangelium für die Trotzkisten aller Welt und zur Grundlage für weitgehendere Revisionen des Trotzkismus nach dem Krieg.

Mit dieser wutschnaubenden Verurteilung der SWP-Position in dem Minneapolis-Prozess will Banda seinen Aufruf rechtfertigen, das Internationale Komitee zu begraben. Laut Banda löste dieser »größte Verrat am Trotzkismus« – für den man keine »mildernden Umstände« geltend machen könne – eine unaufhaltsame Kettenreaktion von weiteren katastrophalen Fehlern der Vierten Internationale aus. Und so schreibt Banda:

Der enorme Einfluss der SWP auf die VI erwies sich in vielerlei Hinsicht als fatal. Sie ermutigte viele Sektionen während der Kriegszeit zu einer ähnlich zentristischen Politik wie die SWP, und damit einher ging eine Anpassung an die zentristischen Parteien und Gruppen in Europa.

Healy, ein enger Anhänger und Bewunderer Cannons, verließ sogar die WIL und schlug vor, sich mit Fenner (heute Lord) Brockway zu vereinigen. In Europa beteiligten sich die Sektionen nicht an der Résistance und spielten gar keine oder nur eine geringe Rolle, wenn es darum ging, für eine revolutionäre defätistische Linie zu kämpfen.

Man könnte dem uninformierten Leser keinen Vorwurf machen, wenn er nach Bandas Vorwurf, die SWP habe in Minneapolis einen »kriminellen Verrat« begangen, zu der Annahme käme, Cannon habe beim Eintreten in den Gerichtssaal die amerikanische Flagge geschwenkt, dem Sozialismus abgeschworen, die Arbeiter zum Streikverzicht für die Dauer des Kriegs aufgerufen und sich erboten, patriotische Fähnchen zu verkaufen, um sein Scherflein zum Sieg beizutragen. Der Leser würde sich dann allerdings fragen, warum dieser »größte Verrat am Trotzkismus« damit endete, dass Cannon und 17 weitere Führer und Mitglieder der Socialist Workers Party vom amerikanischen Imperialismus ins Gefängnis geworfen wurden.

Der Vorwurf, die SWP habe sich einen »kriminellen Verrat« zuschulden kommen lassen, kann politisch nichts anderes bedeuten, als dass sie vor dem Sozialchauvinismus kapitulierte und den imperialistischen Krieg unterstützte. Was die SWP während der Zeit des Zweiten Weltkriegs betrifft, so ist davon keine Spur wahr.

Die meisten von Bandas Fälschungen gehen auf alte Anschuldigungen von politischen Gegnern der Vierten Internationale zurück, die sich schon längst von uns getrennt haben. Wie faulende Splitter, die unter der Haut stecken und einer nach dem anderen herauseitern, erbricht Banda in fantastischen und grotesken Formen die Fragmente alter revisionistischer und sektiererischer Polemik, die seit Jahren in seinem skeptischen und verbitterten Charakter geschwelt haben.

Bandas Hetze gegen den Minneapolis-Prozess geht auf ein Dokument zurück, das 1942 von Grandizo Munis verfasst wurde – ein spanischer Trotzkist, der nach der Niederlage der Revolution nach Mexiko emigrierte. Cannon beantwortete dieses Dokument in allen Einzelheiten und wies nach, dass sein Inhalt ultralinks und sektiererisch war. Sowohl Munis’ Kritik als auch Cannons Antwort wurden in der gesamten Vierten Internationale zirkuliert.

Die Kader der Vierten Internationale unterstützten in ihrer überwältigenden Mehrheit die Position der SWP-Führung. Cannons Antwort war so durchschlagend, dass nicht einmal Cochran und Anhang versuchten, Munis’ Argumente für sich auszuschlachten. Aber das liegt vielleicht auch daran, dass Munis 1953 bereits eine staatskapitalistische Position bezogen und die Vierte Internationale verlassen hatte. Als der Eklektiker, der er ist, streift Banda einfach nur die Oberfläche der historischen Ereignisse, auf die er sich bezieht und mit denen er seine Schlussfolgerungen begründet. Er geht davon aus, dass sich niemand die Mühe machen wird, die Geschichte zu untersuchen und die politischen Ursachen und Umstände jeder einzelnen Auseinandersetzung zu studieren.

Arbeiter, die einen Weg zum revolutionären Kampf suchen, werden Bandas schlampige Methode ablehnen. Aber Bandas Schrift hat nicht den Zweck, Arbeiter zu überzeugen und zu erziehen. Sein wirkliches Publikum besteht aus demoralisierten kleinbürgerlichen Radikalen und heruntergekommenen Intellektuellen, bei denen eine große Nachfrage nach Argumenten besteht, die rechtfertigen sollen, warum sie die Vierte Internationale verlassen. Ob Banda die Wahrheit sagt oder nicht, interessiert sie dabei nicht groß. In den Augen dieser Elemente sind alle Argumente, die sich gegen das Internationale Komitee der Vierten Internationale richten, »legitime Diskussionsbeiträge«. Sie haben allerdings eine ziemlich seltsame Auffassung von »Diskussion«, denn sie interessieren sich weder für Argumente, die auf historischen Aufzeichnungen beruhen, noch für unwiderlegbare Tatsachen, und überzeugen lassen sie sich davon auch nicht.

Wenn Banda der SWP einen »kriminellen Verrat« vorwirft, dann greift er damit nicht nur Cannon, sondern auch Trotzki an. Die Verteidigungstaktik, die die SWP während des Minneapolis-Prozesses anwandte, gründete sich auf die Militärpolitik, die Trotzki im Verlauf der Diskussionen mit der SWP im Sommer 1940 entwickelt hatte.

Munis’ Kritik, nach seiner eigenen Aussage »in extremer Eile« verfasst, lag Anfang Januar 1942 vor. Er beschuldigte Cannon und seine Mitangeklagten:

Sie spielen ihre eigene Rolle und die revolutionäre Bedeutung ihrer Ideen herunter und versuchen, bei der Jury einen respektablen Eindruck zu hinterlassen. Dabei kümmern sie sich nicht darum, dass sie zu den Massen sprechen sollten. Zeitweilig balancieren sie hart an der Grenze, ihre Prinzipien zu verleugnen. Goldmans wenige gute Worte in seiner Abschlussrede können den kläglichen, negativen Eindruck nicht ausgleichen, den Cannon bei seinem Verhör hinterließ.[1]

Im Wesentlichen konzentrierten sich Munis’ Einwände gegen die SWP-Strategie vor Gericht darauf, dass Cannon und Goldman die Anklagen der Regierung ableugneten und versuchten, die Legalität der Partei zu verteidigen. Munis kritisierte, dass die SWP sich gegen Sabotage aussprach und nicht offen zum gewaltsamen Sturz der Regierung aufrief. Seine Argumente waren verantwortungslos und drückten eine politische Instabilität aus, die in seiner Klassenposition wurzelte. Munis warf sich in die aufgeblasene Pose eines kleinbürgerlichen Intellektuellen, der seine eigene Mutlosigkeit hinter einem Sturm demagogischer Reden versteckt. Er wandte sich gegen sämtliche defensiven Formulierungen, deren sich Marxisten seit beinahe hundert Jahren bedienen, wenn sie vor bürgerlichen Gerichten stehen.

Während des gesamten Prozesses beharrte die SWP darauf, dass ihre Aufgabe darin bestehe, die Arbeiterklasse durch Propaganda und Agitation auf den revolutionären Kampf vorzubereiten. Sie leugnete ab, künstlich Unzufriedenheit zu schüren oder Unruhen anzustiften. Cannon erklärte:

Die eigentlichen revolutionären Faktoren, die wirklichen Triebkräfte für den Sozialismus sind die Widersprüche im kapitalistischen System selbst. Alles, was unsere Agitation leisten kann, ist, theoretisch vorherzusehen, was in Hinblick auf die soziale Revolution möglich oder wahrscheinlich ist, und das Bewusstsein der Menschen darauf vorzubereiten, sie davon zu überzeugen, sie zu organisieren, um den Prozess voranzutreiben und ihn möglichst so zu beeinflussen, dass er ohne große Verluste und wirkungsvoll verläuft. Mehr können wir mit unserer Agitation nicht ausrichten.[2]

Derartige Aussagen brachten Munis in Rage, denn er war der festen Überzeugung, vor Gericht bestehe die erste Pflicht eines Revolutionärs darin, Reden zu schwingen, dass die Wände wackeln und den Zuhörern das Blut in den Adern gerinnt. Er zitierte folgenden Wortwechsel zwischen Goldman und Cannon:

Goldman: Bis also die Arbeiter und Bauern in den USA ihre eigene Regierung errichten und ihre eigenen Methoden gebrauchen, um Hitler zu besiegen, muss sich die Socialist Workers Party der Mehrheit des Volks unterordnen – ist das richtig?

Cannon: Mehr können wir nicht tun. Nichts anderes wollen wir tun.[3]

Worauf Munis antwortete: »Das läuft alles in allem darauf hinaus, dass man sich nach ein paar Vorträgen darüber, wie großartig Arbeiter- und Bauernregierungen sind, zurücklehnt und darauf hofft, dass von selber, oder Gott weiß wie, eine entstehen wird.«[4]

Munis’ fast hysterische Einstellung gegenüber dem Prozess kam auf besonders lächerliche Weise in seiner Behauptung zum Ausdruck, Cannon habe Lenin »zurückgewiesen«, als er nicht bedingungslos einem Zitat zustimmte, das Staatsanwalt Schweinhaut laut im Gerichtssaal aus Lenins »Gesammelten Werken« vorlas:

»Zum Zeitpunkt eines Aufstandes ist es unsere Pflicht, alle Vorsitzenden der zivilen und militärischen Behörden rücksichtslos auszulöschen.« … Stimmen Sie dem etwa nicht zu?

Cannon: Nein, ich wüsste nicht, dass diese Erklärung irgendwo in der Politik unserer Partei enthalten ist … Wir wollen keineswegs, dass irgendjemand ausgelöscht wird, es sei denn im Falle eines wirklichen bewaffneten Kampfs, wo die Gesetze des Kriegs gelten.[5]

Cannons gewandter Vorbehalt – »es sei denn im Falle eines wirklichen bewaffneten Kampfs, wo die Gesetze des Kriegs gelten« – war Munis nicht »r-r-r-revolutionär« genug. Es hätte seiner kleinbürgerlichen Vorliebe für dramatische Szenen eher zugesagt, wenn Cannon Staatsanwalt Schweinhaut die Warnung entgegengeschleudert hätte, das Politische Komitee der SWP habe bereits schwarze Listen aller Regierungsbeamten angelegt, die sie an die Wand stellen lassen werde, und diejenigen, die hier für den Prozess verantwortlich zeichneten, seien die ersten, die dran glauben müssten!

Munis hielt es für unzulässig, dass Cannon und Goldman es dabei bewenden ließen, vorherzusagen, dass die sozialistische Revolution aller Wahrscheinlichkeit nach gewaltsame Formen annehmen werde. »Warum entschuldigen wir uns nicht gleich dafür«, schrieb Munis sarkastisch, »dass wir uns leider verpflichtet sehen, Gewalt gegen die Bourgeoisie anzuwenden?«[6]

In seiner Antwort auf Munis zitierte Cannon zahlreiche Stellen aus Lenins Schriften von 1917 und wies nach, dass sich die Linie der SWP vor Gericht auf die bolschewistische Politik gründete, die Arbeiterklasse über das Parteiprogramm »geduldig aufzuklären«. Sollte es Munis entgangen sein, wies er außerdem darauf hin, dass sich die Position der SWP in der amerikanischen Arbeiterbewegung 1941 stark von derjenigen der Bolschewiki kurz vor der Machteroberung unterschied:

Eine Partei, die keine Massenbasis hat und bei breiten Schichten der Arbeiter erst noch bekannt werden muss, muss sich ihnen mit Propaganda und geduldigem Erklären nähern und darf sich nicht auf die ungeduldigen Forderungen nach »Aktionen« einlassen, die sie nicht organisieren kann, ebenso wenig auf eine übertriebene Betonung der »Gewaltanwendung«, was ihr unter den gegebenen Umständen nur schaden würde. Wenn man bedenkt, wie Lenins Partei jeder Provokation sorgfältig und sogar vorsichtig aus dem Weg ging und an ihrer friedlichen Propaganda festhielt, solange sie in der Minderheit war, dann erscheint schon der Vorschlag, unsere Partei solle zum jetzigen Zeitpunkt und mit ihren heutigen Kräften einen »mutigeren« Kurs verfolgen, absolut fantastisch, wie ein Albtraum, der mit der lebendigen Wirklichkeit nichts zu tun hat. Lenin schrieb:

»Die Regierung würde es begrüßen, wenn wir den ersten unbedachten Schritt zur entscheidenden Aktion unternehmen würden, denn daraus könnte sie Vorteile ziehen. Sie ist verärgert, dass unsere Partei die Losung einer friedlichen Demonstration ausgegeben hat. Wir dürfen dem wachsam lauernden Kleinbürgertum kein Jota unserer Prinzipien abtreten.

Die proletarische Partei würde einen tragischen Fehler begehen, wenn sie ihre Politik aufgrund subjektiver Wünsche festlegen würde, wo in Wirklichkeit Organisation notwendig ist. Wir können nicht davon ausgehen, dass die Mehrheit auf unserer Seite steht, und in diesem Fall sollte unser Motto lauten: Vorsicht, Vorsicht, Vorsicht.«

Damit sollte eigentlich klar sein, dass wir nicht, wie uns vorgeworfen wurde, »die Jury aussöhnen« wollten, als wir vor dem Gericht in Minneapolis die »Verantwortung« für Gewalt ablehnten. Unsere Formulierung zu dieser Frage, die wir von Lenin übernahmen, sollte den politischen Zielen unserer Bewegung in der gegebenen Situation dienen. Wir haben nicht, wie in der Anklage behauptet wird, gegen die Gesetze verstoßen und zur Gewalt »aufgerufen«, und wir brauchten es auch nicht …

Wir sind keine Pazifisten. Es ist weltbekannt und fiel dem Staatsanwalt auch nicht schwer nachzuweisen, dass die großen Streiks in Minneapolis unter der Führung der Trotzkisten nicht frei von Gewalt waren und dass nicht nur die Arbeiter sie zu spüren bekamen. Das haben wir weder geleugnet noch uns dafür entschuldigt.

Als der Staatsanwalt auf eine der gewalttätigen Auseinandersetzungen während der Streiks zu sprechen kam, aus der die Arbeiter als Sieger hervorgingen, fragte er: »Ist das der Trotzkismus in Aktion?« Er bekam eine eindeutige Antwort. In den Gerichtsprotokollen steht:

»Antwort: Dazu kann ich Ihnen meine private Meinung sagen, also ich bin mächtig stolz darauf, dass die Trotzkisten dabei mitwirkten, die Arbeiter dahingehend zu beeinflussen, dass sie sich gegen diese Art Gewalt zur Wehr setzten.

Frage: Von welcher Art Gewalt sprechen Sie?

A.: Das ist es doch, wozu die Hilfspolizei organisiert wurde, um die Arbeiter von den Straßen zu jagen. Sie haben eine Portion von ihrer eigenen Medizin schlucken müssen. Ich denke, die Arbeiter hatten ein Recht darauf, sich zu verteidigen. Wenn das Landesverrat ist, bitte sehr, schlachten Sie es aus.«[7]

Munis griff Cannon wiederholt für seine Aussagen an, die Partei würde nicht über die Grenzen von Propaganda und Agitation hinausgehen, um das Kriegstreiben zu behindern. Besonderen Anstoß nahm er an folgender Erklärung Cannons:

Nun, so lange wir in der Minderheit sind, haben wir keine andere Wahl, als uns der getroffenen Entscheidung unterzuordnen. Die Entscheidung, Krieg zu führen, ist getroffen und von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert worden. Damit müssen unsere Genossen leben. Wo sie wehrpflichtig sind, müssen sie auch das akzeptieren und gemeinsam mit ihren Altersgenossen hinausziehen und die Pflicht erfüllen, die ihnen auferlegt worden ist, so lange, bis sie die Mehrheit von einer anderen Politik überzeugen können.[8]

Nachdem Munis Cannon zunächst falsch zitierte, um ihm das Wort so im Mund herumzudrehen, als habe er gesagt, die Entscheidung zum Krieg sei von der Bevölkerung »getroffen worden« (»Cannon schließt sich Roosevelts Entscheidung an, als sei sie wirklich im Einklang mit der Mehrheit der Bevölkerung«), argumentierte Munis:

Ja, wir ordnen uns dem Krieg unter und unsere Kämpfer gehen in den Krieg, aber nicht, weil es eine Entscheidung der Mehrheit war, sondern weil uns die bürgerliche Gesellschaft dazu zwingt, genauso wie sie uns Lohnarbeit aufzwingt. Genau wie in der Fabrik sollten wir jede Gelegenheit nutzen, gegen den Krieg und gegen das System, das ihn hervorbringt, zu kämpfen, genau wie wir gegen den Boss in der Fabrik kämpfen, als eine Funktion des allgemeinen Kampfs gegen das kapitalistische System.[9]

Das ist reiner kleinbürgerlicher, anarchistischer Unsinn. Das Argument, Revolutionäre würden sich dem Krieg wegen der Gewaltmaßnahmen »unterordnen«, ist in Wirklichkeit Ausdruck einer feigen Haltung. Revolutionäre ordnen sich nicht deshalb dem Krieg unter, weil sie die Gewalt der Bourgeoisie fürchten, sondern weil ihre Opposition gegen den Krieg in ihrem Kampf beinhaltet ist, die Arbeiter zum revolutionären Kampf gegen den Kapitalismus zu mobilisieren. Marxisten sind dagegen, individuelle Ausbrüche gegen den Krieg anstelle eines wirklichen revolutionären Massenkampfs zu setzen. Aus diesem Grund müssen die Revolutionäre mit ihrer Generation in den Krieg ziehen – bis die Wechselwirkung zwischen den objektiven Bedingungen und der Agitation der Partei den imperialistischen Krieg in einen Bürgerkrieg verwandelt. Auf dieser politischen Grundlage wendet sich die Partei gegen Sabotage; das ist eine spezielle Form der allgemeinen Ablehnung, mit der Marxisten dem individuellen Terror begegnen.

Munis erklärte, die SWP-Führer hätten in Minneapolis verkünden sollen: »Wir ordnen uns Eurem Krieg unter, amerikanischer Bourgeois, weil uns die Gewalt Eurer Gesellschaft dazu zwingt, die materielle Gewalt Eurer Waffen.« Darauf antwortete Cannon:

Das stimmt nicht. Wenn das so wäre, dann hätten wir nicht das Recht, individuelle Widerstandsaktionen abzulehnen. Wenn militante Arbeiter wegen ihrer sozialistischen Einstellung und Tätigkeit in faschistische Gefängnisse und Konzentrationslager geworfen werden, dann ordnen sie sich unter, aber nur durch Zwang, durch die »materielle Gewalt der Waffen«. Daher ermutigen sie Einzelpersonen oder kleine Gruppen zu »desertieren«, auszubrechen. sobald sich die Gelegenheit bietet, ohne auf die Mehrheit der Mitgefangenen zu warten oder sie auch nur um ihre Meinung zu fragen. Derartige individuelle »Desertationen« bringen der revolutionären Bewegung Nutzen, denn dadurch kann der Gefangene seine politische Arbeit wieder aufnehmen, die im Gefängnis weitgehend unmöglich ist. Trotzki zum Beispiel »desertierte« zweimal aus Sibirien, und kein Revolutionär kritisierte ihn deswegen.

Militärische Zwangsverpflichtung im Krieg ist etwas ganz anderes. In diesem Fall ordnen wir uns vor allem der Mehrheit der Arbeiter unter, die den Krieg aktiv oder passiv akzeptieren oder unterstützen. Da wir unsere revolutionären Ziele ohne die Mehrheit nicht verwirklichen können, müssen wir mit ihr gehen, ihre Leiden und Beschwerlichkeiten teilen, und sie auf der Grundlage gemeinsamer Erfahrungen durch Propaganda auf unsere Seite gewinnen. Unter diesen Umständen ist es eine revolutionäre Notwendigkeit, sich dem Militärdienst zu beugen.[10]

Ein weiterer Punkt, gegen den sich Munis heftig wehrte, bestand darin, dass die SWP Sabotage ablehnte: »In einem bestimmten Moment werden Defätismus und Sabotage die beiden Hauptelemente der Reaktion der Massen gegen den imperialistischen Krieg sein. Die Partei soll und kann den Defätismus nicht ablehnen, wenn sie dem Krieg mehr entgegensetzen will als endloses steriles Geschwätz.«[11]

Man beachte, wie Munis plötzlich im zweiten Satz die spezielle Taktik der Sabotage gleichsetzt mit dem Defätismus, der allgemeinen Politik, und damit vermitteln will, dass Defätismus ohne Sabotage auf »endloses steriles Geschwätz« gegen den Krieg hinauslaufen würde. Er fuhr fort:

Noch schlimmer finde ich, dass man aus dem Prozess den Eindruck gewinnen kann, dass alles, was gesagt wurde, speziell auf die Jury gemünzt war. Zeitweilig sah es so aus, als hielten die Angeklagten Sabotage wirklich für ein Verbrechen. Wenn ich mich nicht irre – was ich allerdings hoffe –, dann ist dies eine gefährliche moralische Voreingenommenheit. Mit Sabotage werden sich die Massen gegen den imperialistischen Krieg wehren. Warum sich dafür schämen? Warum sich dafür schämen, dass die Massen mit den Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen, dem scheußlichen Verbrechen des gegenwärtigen Kriegs Widerstand entgegensetzen? Es wäre kein Problem gewesen, dies prinzipiell zu verteidigen und die Verantwortung dafür denjenigen zuzuschreiben, die für den Krieg verantwortlich sind. Können wir denn von vornherein die kommende Sabotage der Massen verurteilen, wo doch der Krieg eine gigantische Sabotage der Bourgeoisie gegen die Massen, gegen die Zivilisation und gegen die Menschheit ist? Anstelle dieses Gedankens werden die Arbeiter, die unseren Genossen zugehört haben, den Gerichtssaal mit Vorurteilen gegen Sabotage belastet verlassen.[12]

Hier hören wir die authentische Stimme eines frustrierten kleinbürgerlichen Radikalen, der nicht im Geringsten versteht, was revolutionäre Massenaktion ist. Während des Prozesses ging es um individuelle Sabotage, und wenn Munis diese Taktik als »die Reaktion der Massen gegen den imperialistischen Krieg« verherrlicht, dann beweist er nur, dass er seinen Bruch mit dem Anarchismus politisch und theoretisch niemals vollendet hat. Seiner Behauptung, die SWP hätte verkünden sollen, »wir werden Euren Krieg mit allen Mitteln bekämpfen«, setzte Cannon folgende Erklärung entgegen:

Solange wir in der Minderheit sind, kämpfen wir mit den marxistischen Waffen von politischer Opposition, Kritik und Propaganda für ein Arbeiterprogramm und eine Arbeiterregierung. Die pazifistische »Methode« der Enthaltsamkeit, die anarchistische »Methode« der individuellen Sabotage und die blanquistische »Methode« des Putsches lehnen wir ab.

Munis’ fehlerhafte Erklärung, worin der Hauptgrund für die »Unterordnung« der revolutionären Partei unter den Krieg besteht, sowie seine Neigung, eine Entwicklungsstufe der Arbeiter zu überspringen, und seine verwaschene Formulierung, den Krieg »mit allen Mitteln« zu bekämpfen, bringen ihn dazu, ebenso unklar und schlecht durchdacht die Kampfmethoden darzustellen, die der Minderheitspartei des revolutionären Sozialismus offenstehen und ihr Vorteile verschaffen.

Das ständige Gerede über »Aktionen«, als ob eine kleine Minderheitspartei neben ihrer Propaganda – ihren »Erklärungen« – noch irgendwelche andere Waffen zur Verfügung hätte, die allgemein mit dem Wort »Aktionen« umschrieben, aber nicht ausdrücklich definiert werden, führt zu nichts anderem, als dass die Frage verwirrt und vernebelt wird, und öffnet anarchistischen und blanquistischen Neigungen Tür und Tor. Wie all unsere marxistischen Lehrer vor uns hielten wir es für notwendig, die Partei vor der Gefahr zu bewahren, sich selbst fruchtlosen Aktionen und der Vernichtung preiszugeben, bevor sie die Möglichkeit hat, ihre wirkliche heutige Aufgabe zu erfüllen: den Massen die Fragen zu erklären und die Mehrheit zu gewinnen.

Aus diesem Grund nutzten wir die Plattform des Gerichts, um so nachdrücklich unsere Ablehnung der Sabotage zum Ausdruck zu bringen. Aus diesem Grund wiesen wir alle Beschuldigungen in diese Richtung ausdrücklich zurück. Nicht – wenn Munis gestattet – weil wir keinen »Mumm« haben, sondern weil wir als Marxisten nichts von Sabotage, Terrorismus oder irgendwelchen anderen Methoden halten, die individuelle Aktionen anstelle von Massenaktionen setzen.

Zu dieser Frage kann es keine zwei Positionen geben. Alle marxistischen Autoritäten sind sich einig – gegen Sabotage als eigenständiges Mittel des revolutionären Kampfs. Diese »Waffe« gehört in das Arsenal des Anarchismus.«[13]

Diese Zeilen Cannons widerlegen nicht nur Munis. Sie richten sich gegen jeden Opportunismus, der in all seinen Formen die historische Arbeit zur Entwicklung von revolutionärem Bewusstsein in der Arbeiterklasse herabmindert.

Munis Kritikpunkte widerspiegelten die Desorientierung und Demoralisierung des isolierten Intellektuellen, der durch die Niederlagen der Arbeiterklasse in Verzweiflung gestürzt war und kein Vertrauen in die revolutionären Fähigkeiten der Massen hatte. Seine Vorstellung von revolutionärem Defätismus war eher romantisch als marxistisch. Der bloße Gedanke, dass die SWP die Frage ihrer Legalität ernst nehmen und nicht freiwillig das Recht aufgeben sollte, ihre Arbeit in legaler Form fortzusetzen, erschien Munis als ein unzulässiges Zugeständnis an den US-Imperialismus!

Bevor wir unsere Analyse von Munis’ Kritik an der Verteidigungsstrategie der SWP fortsetzen, wollen wir untersuchen, wie Michael Banda und Gerry Healy das Programm der sozialistischen Revolution verteidigten, als die WRP vor einem bürgerlichen Gericht stand.

Im September 1975 wurde das Ausbildungszentrum der WRP von der Polizei durchsucht, nachdem in einer kapitalistischen Zeitung, dem »Observer«, ein Hetzartikel erschienen war, in dem angedeutet wurde, auf dem Gelände der Schule seien versteckte Waffenlager. Die WRP reichte berechtigterweise eine Verleumdungsklage ein, und im Oktober–November 1978 kam der Fall schließlich zur Verhandlung.

Weder Banda noch Healy sagten als Zeugen für die WRP aus. Stattdessen überließen sie es drei anderen Mitgliedern des Zentralkomitees – Corin Redgrave, Vanessa Redgrave und Roy Battersby – und dem Anwalt der WRP, die Prinzipien der Partei darzulegen. Angesichts der Beschuldigungen des »Observer« drehte sich der Prozess hauptsächlich um die Einstellung der WRP zur Gewalt. Entgegen allen revolutionären Prinzipien ließ die WRP zu, dass ihr Verteidiger, John Wilmers, hier den Ton bestimmte. Mr. John Wilmers schusterte seine Darstellung mit Vorbedacht so zurecht, dass das Gericht und die Geschworenen möglichst beruhigt werden sollten. Die »News Line« vom 25. Oktober 1978 berichtete über seine Eröffnungsrede:

Die Angeklagten »glauben fest an den Marxismus«, fuhr Mr. Wilmers fort.

»Sie wollen erreichen, dass es in diesem Land eine Revolution gibt, aber eine Revolution im Sinne einer grundlegenden Veränderung, nicht im Sinne einer Schießerei in den Straßen.

Was sie meinen, ist, die Arbeiterklasse für den Sturz des Kapitalismus und für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft zu mobilisieren.

Aber Gewalt und Zwang lehnen sie grundsätzlich ab. Sie sind der Meinung, dass sie ihre Ziele durch Propaganda und Aufklärung der Bevölkerung über ihre Anschauungen erreichen können.«

Diese Eröffnungsrede, die keiner der WRP-Zeugen in den folgenden Wochen zurückwies oder korrigierte, kam einer Ablehnung des Marxismus gleich. Eine derart kategorische Ablehnung von Gewalt und Zwang hat nichts mit den defensiven Formulierungen gemein, die Cannon und Goldman 1941 benutzten. Wir wollen folgende Aussage aus dem Minneapolis-Prozess zitieren:

Frage: Nun, wie wird nach Meinung der Marxisten die Gesellschaftsordnung geändert, kommt es dabei zu Gewaltanwendung oder nicht?

Antwort: Alle Marxisten gehen davon aus, dass es dabei zu Gewaltanwendung kommen wird.[14]

Die WRP vertrat eine ganz andere Linie. Am Donnerstag, den 26. Oktober 1978, berichtete die »News Line« über Corin Redgraves Zeugenaussage vom Vortag. Sie war ein Hohn auf trotzkistische Prinzipien:

Am Nachmittag wurde Mr. Redgrave von Mr. Colin Ross-Munro ins Kreuzverhör genommen und für die Angeklagten über die Politik der Workers Revolutionary Party befragt.

Zu der Frage nach dem Kampf um die Arbeitermacht sagte Mr. Redgrave, er werde mit friedlichen, legalen und verfassungsmäßigen Mitteln geführt.

»Kein bewaffneter Aufstand unter der Führung der WRP?«, wurde gefragt.

»Wir jedenfalls arbeiten nicht darauf hin«, antwortete Mr. Redgrave.

Mr. Redgrave erklärte dem Gericht, die Partei werde die Anwendung von Waffengewalt in Betracht ziehen – »um Gewalt gegen Gewalt zu setzen« –, falls in Großbritannien ein faschistischer Staat entstehen sollte.

Dies sei eine Situation, in der alle demokratischen Mittel abgeschafft worden wären und die Mehrheit der Bevölkerung keine demokratischen Rechte mehr hätte.

In dieser Zeugenaussage wurden sämtliche grundlegenden marxistischen Lehren über den Klassencharakter der bürgerlichen Demokratie über den Haufen geworfen. Die Möglichkeit, zu den Waffen zu greifen, wurde auf den Kampf gegen einen faschistischen Staat beschränkt. Bald darauf wurde die Aussage noch übler: »Auf die Frage, wo die Arbeiterklasse denn die Waffen für einen Aufstand herbekommen würde, antwortete Mr. Redgrave, möglicherweise von Teilen der Armee, die ihrerseits demokratische Rechte verteidigen wollen.

›So war das schon in der Vergangenheit bei demokratischen Rechten, zum Beispiel bei den Ereignissen in Portugal.‹«

Auf drängende Fragen, doch zu erklären, weshalb die WRP offiziell in ihrem Programm zur Bildung von Arbeiter-Verteidigungskomitees aufrief, kam laut »News Line« folgende opportunistische Aussage: »Mr. Redgrave sagte, die Partei rufe zu Arbeiter-Selbstverteidigungskomitees auf, um Ausländerviertel, wo die Polizei keinen Schutz garantieren könne, vor faschistischen Anschlägen zu schützen.

›Die Polizei gibt selbst zu, dass sie dort die Lage nicht unter Kontrolle hat‹, sagte er.«

Anders ausgedrückt, Redgrave stellte in seiner Aussage die Verteidigungskomitees der Arbeiter nicht als defensive Kampforgane gegen die Gewalt des kapitalistischen Staats und seiner Agenten dar, sondern als Hilfstruppe für eine zu schwache Polizei!

Am Samstag, den 28. Oktober 1978, berichtete die »News Line« von weiteren Zeugenaussagen Corin Redgraves, der als Hauptsprecher der WRP auftrat: »›Ich habe keine Gewalt gepredigt. Ich habe niemals Gewalt angewandt, und ich bin gegen Gewalt, und diese Linie hat meine Partei stets verfolgt‹, sagte er.«

Die nächste Zeugin war Vanessa Redgrave. Wir zitieren aus der »News Line« vom 31. Oktober 1978:

Als sie darauf angesprochen wurde, die Partei spreche doch von dem bewaffneten Aufstand der Arbeiterklasse, antwortete sie, dies beziehe sich auf besondere Situationen.

Dies bezieht sich auf mögliche Gefahren, die eintreten können, wenn eine sozialistische Regierung, die aufgrund eines sozialistischen Programms gewählt worden sei, von Minderheitsgruppen angegriffen werde. Als Beispiel nannte sie den Sturz von Dr. Allendes Regierung in Chile durch die Faschisten.

Der nächste Zeuge war Roy Battersby. Aus dem »News Line«-Bericht vom 1. November 1978: »Zu der Frage, ob die Partei zu einem ›bewaffneten Aufstand‹ aufrufe, sagte Mr. Battersby: ›In Großbritannien sieht es aller Wahrscheinlichkeit danach aus, dass die Arbeiterklasse den Übergang zum Sozialismus schaffen wird.‹ Aber im Falle einer faschistischen Machtübernahme sei es ›vielleicht notwendig, einen bewaffneten Aufstand in Betracht zu ziehen‹.«

Als dieser Prozess stattfand, war Banda Generalsekretär der WRP. Neben Healy bestimmte er, welche Politik die Sprecher der Partei vor Gericht vertreten sollten. Im Gegensatz zu Cannon und seinen Mitangeklagten war die WRP keiner Vergehen angeklagt. Sie hatte aus eigener Initiative einen Prozess gegen eine kapitalistische Zeitung angestrengt. Aber in der Hoffnung, bei der Jury einen guten Eindruck zu hinterlassen, kleine Vorteile herauszuschlagen und eventuell eine fette finanzielle Entschädigung zu erhalten, verteidigte die WRP nicht die revolutionären Prinzipien des Sozialismus.

Das Augenfälligste an diesem Prozess ist nicht nur, wie kläglich ihre Einstellung zur revolutionären Gewalt verwässert wurde, sondern auch, dass sich in den Zeugenaussagen nicht das geringste Bemühen findet, die Arbeiterklasse zu erziehen. Im Gegensatz zu dem Prozess in Minneapolis trug die Klage gegen den »Observer« nicht das Geringste dazu bei, die Arbeiterbewegung politisch und theoretisch zu bereichern. Die Aussagen der WRP-Führer dienten zu nichts anderem, als unter den Arbeitern Illusionen über die bürgerliche Demokratie zu verstärken und in der Partei selbst eine opportunistische Haltung gegenüber dem kapitalistischen Staat zu schaffen.

Bandas giftiges Urteil gegen die Aussagen im Minneapolis-Prozess 1941 und die Position, die die WRP 1978 vor Gericht einnahm, bestätigen Cannons Bemerkung: »Im wirklichen Leben läuft der Unterschied zwischen einer vorsichtigen defensiven Formulierung und leichtfertigen ›Aktionsaufrufen‹ im Endeffekt für gewöhnlich auf den Unterschied zwischen wirklicher Aktion und bloßem Gerede hinaus.«[15]


[1]

James P. Cannon, Socialism on Trial, New York 1970, S. 118.

[2]

Ebd., S. 27.

[3]

Ebd., S. 120–121.

[4]

Ebd.

[5]

Ebd., S. 121.

[6]

Ebd., S. 123.

[7]

Ebd., S. 146–148.

[8]

Ebd., S. 50.

[9]

Ebd., S. 119.

[10]

Ebd., S. 166.

[11]

Ebd., S. 123.

[12]

Ebd.

[13]

Ebd., S. 167–168.

[14]

Ebd., S. 36.

[15]

Ebd., S. 148.