Was den Marxismus und den Kampf für den Sozialismus angeht, so weilt Michael Banda, der Generalsekretär der Workers Revolutionary Party, nicht mehr unter den Lebenden. Mit der Veröffentlichung seiner »27 Gründe, weshalb das Internationale Komitee sofort begraben und die Vierte Internationale aufgebaut werden muss«, hat Banda unwiderruflich seinen politischen Bruch mit dem Trotzkismus erklärt und alle Verbindungen zur revolutionären Bewegung, unter deren Banner er zeit seines Lebens gekämpft hatte, abgebrochen. Obwohl Banda lange Jahre der trotzkistischen Bewegung gewidmet hat, wird man ihn vor allem dafür in Erinnerung behalten, wie schändlich er sie verriet und desertierte – der Renegat, der eine Hetzschrift gegen die Vierte Internationale verfasste. Nach 38 Jahren in der trotzkistischen Bewegung erhebt Banda folgende Anklage gegen die Vierte Internationale:
Im Gegensatz zu Trotzkis Erwartungen erlebten wir eine ununterbrochene Reihe von Krisen, Spaltungen, Verrat, Betrug, Stagnation und Konfusion – ein Prozess, der sich auszeichnete durch ein totales Fehlen von Strategie und Perspektive, durch ein in Theorie und Praxis erwiesenes Versagen, den Charakter unserer Epoche zu erfassen und den Trotzkismus als den zeitgenössischen Marxismus zu konkretisieren und zu bereichern.
Was wir gesehen haben … ist, wie selbsternannte Gruppen sogenannter Trotzkisten auf empirische und subjektiv-idealistische Weise im Dunkeln herumtappten und ein Mittel suchten, den historischen Prozess mittels einer Abkürzung zu umgehen, sei es durch die Suche nach einem Ersatz für die Arbeiterklasse à la Pablo, durch die Jagd nach dem trügerischen Gespenst des »natürlichen Marxisten« à la Cannon, oder dadurch, dass die Theorie des dialektischen Materialismus durch die reaktionäre subjektiv-idealistische Methode und Erkenntnistheorie von Healy ersetzt wurde.
Damit einherging, dass die demokratisch-zentralistische Partei durch eine sich selbst reproduzierende Clique und Trotzkis Verständnis der IV. Internationale durch Klüngeleien mit kleinbürgerlichen Dilettanten, Scharlatanen und Fantasten unter der Maskerade einer »Weltpartei« ersetzt wurden.
Es ist sicherlich kein Zufall, sondern die logische und praktische Folge dieser Auffassung des IK [Internationalen Komitees] von 1953, dass keine einzige Sektion des IK – einschließlich der Workers League in den Vereinigten Staaten – zu irgendeinem Zeitpunkt während der vergangenen 32 Jahre in der Lage gewesen ist, brauchbare Perspektiven für die Arbeiterklasse auszuarbeiten. Warum?
Die Frage stellen, heißt sie beantworten. Man muss ausdrücklich, nein kategorisch feststellen, dass die Vierte Internationale ausgerufen, aber niemals aufgebaut wurde. Nicht einmal zu Trotzkis Zeiten gab es einen Kader, der fähig war, seine gewaltige Arbeit zu übernehmen.
Banda baut seine Hetze gegen das Internationale Komitee auf einem offenkundigen und augenfälligen Widerspruch auf, den er weder erklärt noch löst. Wenn alles, was bei Trotzkis »gewaltiger Arbeit« herauskam, ein klägliches Bündel gemeiner Schwindeleien war, dann muss man ernsthaft in Frage stellen, ob seine Arbeit historisch überhaupt einen Sinn hatte.
Ein Komponist, der Symphonien schreibt, die kein Orchester spielen kann, oder ein Wissenschaftler, dessen Theorien nur bei Quacksalbern auf Interesse stoßen, kann keinen wichtigen Platz in der Menschheitsgeschichte beanspruchen. Wenn die politische Linie, für die Trotzki kämpfte, zu nichts weiter als zu Katastrophen führte und nur Verräter, Idioten und Feiglinge anzog, dann muss man zu der Schlussfolgerung kommen, dass die der Gründung der Vierten Internationale zugrunde liegenden Auffassungen fundamentale Fehler beinhalteten.
Banda beschränkt seinen Angriff also nicht auf das Internationale Komitee. Er richtet sich gegen die politische Berechtigung der Vierten Internationale und der spezifischen Tendenz, die als Trotzkismus bekannt ist. Nicht weniger als 16 der 27 »Gründe«, die er für die Zerstörung des IK ins Feld führt, nehmen Bezug auf Ereignisse aus der Zeit vor dessen Gründung 1953.
Wenn man Bandas Argumenten Glauben schenkt, dann muss man gezwungenermaßen Trotzkis gesamte Rolle in der Geschichte des Marxismus, wie sie ihm in unserer Bewegung traditionell zugeschrieben wurde, in Zweifel ziehen. Aber gerade die Tatsache, dass Bandas Argumente notwendigerweise zur Zurückweisung des Trotzkismus führen, untergräbt seinen Versuch, das IKVI zu diskreditieren. Gerade weil Banda das Internationale Komitee nicht angreifen kann, ohne gleichzeitig mit der gesamten Geschichte der Vierten Internationale zu brechen, erkennt er ungewollt an, dass das IKVI tatsächlich die Kontinuität des Trotzkismus repräsentiert.
Während Banda vielleicht glaubt, seine albernen Thesen seien ein neuer Beitrag zum Marxismus, fügt er in Wirklichkeit nichts dem hinzu, was bereits von zahllosen Feinden des Trotzkismus gesagt wurde – unlängst von Jack Barnes, dem dubiosen Führer der polizeiverseuchten Socialist Workers Party in den USA. Barnes hat öffentlich erklärt, dass der Trotzkismus und seine Theorie der permanenten Revolution »heute nicht dazu beitragen, uns oder andere Revolutionäre zu bewaffnen … Er ist ein Hindernis, unsere politische Kontinuität mit Marx, Engels, Lenin und den ersten vier Kongressen der Kommunistischen Internationale neu zu knüpfen. Er hinderte unsere Bewegung, objektiv an die Werke der marxistischen Klassiker, besonders an die Schriften Lenins heranzugehen.«[1]
Banda und die anderen WRP-Renegaten ihrerseits betrachten das Internationale Komitee als ein Hindernis, ihre »Kontinuität neu zu knüpfen« … Kontinuität womit? Das haben sie sich bisher nicht mitzuteilen bequemt. Während Barnes die Karten auf den Tisch legte und erklärte, dass die Vierte Internationale einer neuen »leninistischen Masseninternationale« weichen müsse – also einem klassenversöhnlerischen Mischmasch aus kleinbürgerlichen Nationalisten, Neo-Stalinisten, Ökologieparteien und revisionistischen Organisationen –, hat Banda bisher noch nicht klargestellt, welche Art politisches Tier er gerade zusammenbastelt. Stattdessen widmete er sich der Zusammenstellung von 27 Gründen, warum das Internationale Komitee – die einzige trotzkistische Tendenz, die sich historisch auf den Kampf stützt, die Perspektive der permanenten Revolution gegen den Stalinismus und pablistischen Revisionismus zu verteidigen – zerstört werden sollte. Aber ungeachtet der Überschrift seines Artikels nennt er keinen einzigen Grund, weshalb die Vierte Internationale aufgebaut werden sollte.
Nur wer sich etwas vormacht oder bewusst seinen eigenen Austritt aus der Vierten Internationale vorbereitet, wird ernsthaft behaupten, Bandas Dokument sei ein »legitimer« Beitrag zur Diskussion über die Geschichte der trotzkistischen Bewegung. Marxisten, die revolutionäre Prinzipien verteidigen, werden an Bandas Dokument nichts »legitim« finden. Es steht jedem frei, sich den Pablisten anzuschließen oder sich offen an den Stalinismus und Maoismus anzupassen. Aber das Internationale Komitee der Vierten Internationale hat kein Interesse an einer Diskussion mit skeptischen und politisch maroden kleinbürgerlichen Renegaten, die sich auf Bandas Opus stürzen, um ihren Bruch mit dem Marxismus zu rechtfertigen. Das IKVI ist eine revolutionäre Partei, die dafür kämpft, die Arbeiterklasse und die unterdrückten Massen zu organisieren, um das kapitalistische System zu stürzen, die Diktatur des Proletariats zu errichten und eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen. Warum sollten wir die Lügen eines Renegaten, der bewusst die Geschichte unserer Bewegung fälscht und öffentlich zu ihrer Zerstörung aufruft, als »legitimen Diskussionsbeitrag« begrüßen?
Einige versuchen, ihre eigene Fahnenflucht mit der Behauptung zu rechtfertigen, nach dem Verrat der WRP unter Healys Führung müsse »alles« in Frage gestellt werden. Das ist die typische Reaktion von Mittelklasse-Elementen, denen es an einer festen Verwurzelung in der Arbeiterklasse mangelt. Die Suche nach der objektiven Wahrheit führt niemals über eine sterile Zurückweisung vergangener Errungenschaften. Kein Mensch würde ernsthaft behaupten, dass der Tod eines Patienten infolge ärztlichen Versagens ein gerechtfertigtes Argument gegen die medizinische Wissenschaft wäre. Aber auf dem Gebiet der revolutionären Politik herrscht leider kein Mangel an Skeptikern, die begierig in jeder Krise der Vierten Internationale das Versagen des Trotzkismus entdecken wollen. Aber sollten uns die Argumente von »Revolutionären« beeindrucken, die bei einer Krise in ihrer Organisation vollständig die politische Orientierung verlieren? Solche Leute können die Arbeiterklasse nichts lehren, denn das wahllos-blinde »Infragestellen« von Seiten der Skeptiker endet für gewöhnlich damit, dass sie die revolutionäre Bewegung verlassen.
Nach der Spaltung mit Healy haben Banda und Slaughter – die zusammen mit Healy die Hauptverantwortung für die Degeneration der Partei tragen – eine wahnwitzige Kampagne geführt, um mit jedem Prinzip und von jeder Tradition zu brechen, für die das Internationale Komitee der Vierten Internationale steht. Es verschafft ihnen eine nahezu perverse Befriedigung, die Vierte Internationale anzuschwärzen und wie reuige Sünder auf einer Auferstehungsmesse allen und jedem zu verkünden, dass sie ihr Leben vertan haben. Diese Orgie zügel- und schamloser Erniedrigung läuft unter der Bezeichnung »öffentliche Diskussion«. Die politische Ironie will es, dass dieses ekelhafte Spektakel im Namen des Kampfs gegen den »Healyismus« inszeniert wird.
Ein riesiger Betrug! Healys persönliche Degeneration ist nicht der Grund für die schrankenlose Zurückweisung aller revolutionären Prinzipien, die jetzt wie eine Welle die Reihen der Banda-Slaughter-Fraktion der Workers Revolutionary Party überflutet.
Schließlich sind Banda und Slaughter nicht nur erwachsene Männer in ihren Fünfzigern, sondern auch, nicht zu vergessen, erfahrene Politiker, die jahrzehntelang in der Führung des IKVI gearbeitet haben. Sie haben ihre politischen Ansichten und historischen Auffassungen nicht einfach deshalb geändert, weil sie plötzlich (wenn man ihnen glauben möchte) Healys sexuelle Verfehlungen entdeckt haben.
Drastische Wandlungen in der Orientierung von politischen Führern wie Banda und Slaughter sind das Ergebnis einer komplexen Wechselwirkung zwischen den veränderten Bedingungen des Klassenkampfs und ungelösten Widersprüchen in ihrer eigenen politischen Entwicklung und der Entwicklung der Führung, der sie angehörten. Die Ersetzung einer prinzipiellen Auseinandersetzung unter Führern und Mitgliedern durch Cliquenbeziehungen in den Führungsorganen sowie theoretische und politische Kompromisse im Namen der Einheit und des Prestiges der Führung unterhöhlten stetig die Fähigkeit der WRP, eine revolutionäre Antwort auf die historischen Interessen der Arbeiterklasse zu formulieren. Nach und nach wurde die Parteiführung zum Sprachrohr von Klassenkräften, die den Arbeitern feindlich sind.
Healys persönlicher Autoritätsmissbrauch, der die innerparteiliche Krise auslöste, ist historisch betrachtet vollkommen zweitrangig. Seine persönliche Degeneration und sein Abstieg zu den widerlichsten Formen des Opportunismus wurden zum Anlass der Explosion in der WRP, waren aber nur ein Bestandteil der gesamten Krise in der Führung und deren Kapitulation vor dem Druck feindlicher Klassenkräfte. Bandas »27 Gründe« und die immer hysterischeren Angriffe der WRP-Renegaten auf das IK haben sich organisch daraus entwickelt, dass während der letzten zehn Jahre Antitrotzkismus und Chauvinismus in der WRP ungehindert wuchern konnten.
Die Banda-Slaughter-Clique ist lediglich der rechteste Flügel der antitrotzkistischen Elemente, die politisch von Healy genährt und in den letzten zehn Jahren gegen das Internationale Komitee benutzt wurden. Mit Ausnahme einer wichtigen Schicht von Arbeitern und Jugendlichen, deren Opposition gegen Healy aufrichtigen trotzkistischen Überzeugungen entstammte – genau die Kräfte, gegen die sich Healy, Slaughter und Banda während des Sommers 1985 verschworen hatten und die nach der Spaltung im Oktober durchweg den proletarischen Internationalismus verteidigten –, gab es keinerlei Differenzen prinzipieller Natur zwischen der Healy- und der Slaughter-Banda-Fraktion. Keine Fraktion hatte vor der Spaltung am 26. Oktober 1985 auch nur eine einzige Analyse der Ursachen der Parteikrise ausgearbeitet. Nur eine Woche nach der Spaltung zwischen Healy und der Banda-Slaughter-Fraktion schrieb Banda, dass der Kampf keinerlei Differenzen programmatischer oder taktischer Natur umfasse. Die Spaltung, verkündete er, drehe sich um die Frage der Beziehung zwischen den Geschlechtern in der WRP! Aber kaum zwei Monate später präsentierte Banda seine »27 Gründe«, eine völlige Zurückweisung des gesamten historisch entwickelten Programms des Internationalen Komitees.
Diese Ideen hat Banda nicht in den wenigen Wochen nach der Spaltung aus dem Hut gezaubert. Er artikuliert die rechten, liquidatorischen Positionen, die seit Langem in der Führung der Workers Revolutionary Party ausgebrütet worden sind. Wie er selbst zugibt: »Ich bedaure lediglich, dass ich dies nicht schon vor zehn Jahren geschrieben habe.« Diese Erklärung bestätigt, dass die Führung der WRP während der letzten zehn Jahre, in denen sich die Partei immer weiter von ihren trotzkistischen Grundlagen entfernte und dem Opportunismus zutrieb, unerbittlich auf einen Bruch mit dem Internationalen Komitee zusteuerte. Während dieser Periode arbeiteten Banda, Healy und Slaughter innerhalb des Internationalen Komitees als eine prinzipienlose Clique. Systematisch ordneten sie den Kampf zum Aufbau einer Weltpartei den unmittelbaren praktischen Erfordernissen der WRP in England unter. Sie belogen frech ihre internationalen »Genossen«, legten falsche politische Berichte vor, unterdrückten politische Kritik und plünderten die Ressourcen der IK-Sektionen. Keiner arbeitete angestrengter daran, Healys persönliches Prestige in der Weltbewegung aufzubauen – das heißt, die opportunistische Degeneration der WRP zu decken – als Banda und Slaughter.
Liquidatorentum ist ein gesellschaftliches, kein individuelles Phänomen: das Produkt des starken Drucks des Imperialismus auf die Arbeiterbewegung. In seinen »27 Gründen« spricht Banda nicht nur für sich selbst, sondern für eine ganze Schicht von kleinbürgerlichen Radikalen und Intellektuellen in der WRP, die den Trotzkismus, die Arbeiterklasse und die soziale Revolution aufgegeben haben. Bandas Dokument ist lediglich die vollendete Form der revisionistischen Positionen, die innerhalb der WRP in dem Jahrzehnt vor der Spaltung ständig stärker wurden. Jede ernsthafte Untersuchung der politischen Linie der WRP während der letzten zehn Jahre würde zeigen, dass die jetzige Krise untrennbar damit zusammenhängt, dass sich die britischen Trotzkisten systematisch von den Prinzipien und dem Programm zurückzogen, die sie von 1961 bis 1966 verteidigten, als sie die Vorhut im Kampf gegen den pablistischen Revisionismus bildeten.
In ihrem Kampf gegen die prinzipienlose Wiedervereinigung der SWP mit dem Internationalen Sekretariat unter Pablo und Mandel 1963 leistete die Socialist Labour League (SLL) einen unvergänglichen Beitrag zum Aufbau der Vierten Internationale. Die Dokumente ihrer Führung geißelten mit harten Schlägen den Opportunismus der Revisionisten und entlarvten die politische Bedeutung ihrer Kapitulation vor dem kleinbürgerlichen Nationalismus. Durch die Verteidigung der historischen Perspektive des Trotzkismus schuf die SLL die Grundlage für die Ausbildung einer neuen Generation proletarischer Revolutionäre auf der ganzen Welt. Im Gefolge dieses historischen Kampfs machte die SLL beachtliche politische Fortschritte. Getragen von einer ansteigenden Welle des proletarischen Klassenkampfs in Großbritannien und ganz Europa, die durch die Radikalisierung breiter, vom revolutionären Kampf der Vietnamesen gegen die Intervention der USA begeisterten Kreise in den Mittelschichten verstärkt wurde, kämpften die britischen Trotzkisten für den Marxismus und gewannen auf dieser Grundlage die Führung in den Labour Party Young Socialists (Jugendorganisation der Labour Party), bauten eine starke Jugendbewegung auf und gaben ab 1969 eine Tageszeitung heraus.
Aber die Reaktion der SLL auf diese Errungenschaften war von gewissen negativen Seiten gekennzeichnet. Als die SLL in Großbritannien wuchs, neigte sie immer mehr dazu, den Aufbau der Vierten Internationale einfach als Ausweitung ihrer nationalen Arbeit zu betrachten. Nach und nach festigte sich in der SLL die Auffassung, die Entwicklung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale ergebe sich vor allem aus den organisatorischen Erfolgen der britischen Sektion. In Frankreich, wo die Organisation communiste internationaliste (OCI) – deren Führer bei der Gründung des IKVI und dem Kampf gegen die Wiedervereinigung von 1963 mit den Briten zusammengearbeitet hatten – die Früchte der Unruhen vom Mai–Juni 1968 erntete, entwickelte sich eine ähnliche nationalistische Orientierung. Die zentristischen Tendenzen in der OCI, die die SLL schon 1967 kritisiert hatte, traten immer offener zutage: Die französische Führung passte sich den opportunistischen Positionen der kleinbürgerlichen Studentenjugendlichen an, die zu Hunderten der Organisation beitraten.
1971 nahm die SLL den politischen Kampf mit der OCI wieder auf, brach ihn dann aber plötzlich mit einer Spaltung ab, die in den Reihen des Internationalen Komitees so gut wie gar nicht diskutiert wurde. Während die Kritik an der zentristischen Linie der OCI zweifellos stimmte, gab es Anzeichen, dass in der Führung der SLL selbst nicht alles ganz in Ordnung war. Seit 1967 hatte Banda zu den anti-imperialistischen Kämpfen in den zurückgebliebenen Ländern und in Bezug auf die chinesische Kulturrevolution Positionen vertreten, die, zumindest in ihrer Methode, denen der Pablisten sehr nahekamen. Aber Healy ging einer offenen Auseinandersetzung mit Banda um diese entscheidenden politischen Fragen beharrlich aus dem Weg. Daraus muss man folgern, dass Healys Hast bei der Spaltung mit der OCI zumindest teilweise auf seine Befürchtung zurückzuführen war, ein langer Kampf gegen den Zentrismus würde gerade dann zu bedrohlichen Erschütterungen innerhalb der Socialist Labour League führen, wenn der Aufschwung des Klassenkampfs in England außerordentlich gute »Möglichkeiten« für den Parteiaufbau bot. Healy ignorierte bewusst die zahlreichen Beispiele aus der Geschichte, die immer wieder bewiesen haben, dass gerade in einer Periode der Radikalisierung der Arbeiterklasse der Kampf gegen alle Formen des Opportunismus und Zentrismus innerhalb der Partei eine Frage auf Leben und Tod ist.
Im Verlauf der Anti-Tory-Bewegung in der Arbeiterklasse, 1971 ausgelöst durch die Anti-Gewerkschaftsgesetze der Regierung unter Premierminister Edward Heath, machte die SLL große organisatorische Fortschritte – aber zu einem hohen Preis. Weil die Fragen, die zur Spaltung mit der OCI geführt hatten, theoretisch ungeklärt blieben, wurden die politischen Grundlagen der Partei geschwächt. Hunderte von Mitgliedern, darunter viele aus der Mittelklasse, erhielten nur eine sehr beschränkte politische Ausbildung in den Prinzipien und der Geschichte des Internationalen Komitees. In ihrer politischen Linie neigte die SLL während dieser Periode zu einer Anpassung an das syndikalistische Bewusstsein militanter Arbeiter. Dies fand seinen klarsten Ausdruck in der Entscheidung der SLL, ein Programm für die Gründung der WRP herauszugeben, das sich nicht auf den Trotzkismus und seine internationale Perspektive begründete, sondern lediglich auf das spontane gewerkschaftliche Bewusstsein der Anti-Tory-Bewegung in Großbritannien.
Als die WRP im November 1973 gegründet wurde, erwarteten ihre Führer, dass sich die sozialistische Revolution in England schnell entwickeln werde. Und das nicht ohne Grund: Der Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems im August 1971 hatte eine weltweite Inflation und eine enorme Verschärfung des Klassenkampfs zur Folge. Die Diktaturen in Portugal und Griechenland brachen 1974 zusammen. Die Nixon-Regierung verwickelte sich in politische Skandale und musste zurücktreten. In Großbritannien erreichte die mächtige Offensive der Arbeiterklasse gegen die Tories Anfang des Jahres 1974 ihren Höhepunkt in einem Bergarbeiterstreik, der den Rücktritt der konservativen Heath-Regierung erzwang und Labour zurück an die Macht brachte.
Aber nach den Wahlsiegen der Labour Party 1974 stand die WRP vor neuen politischen Problemen, die sich aus dem verbliebenen Gewicht des Reformismus im Bewusstsein der Arbeiterklasse ergaben. Die verräterische Politik der Sozialdemokratie stiftete Verwirrung in der Arbeiterbewegung, nicht zuletzt in der WRP selbst. Jetzt musste Healy dafür bezahlen, dass er den politischen Kampf gegen die OCI nicht weiterentwickelt hatte. Unter großen Teilen des Gewerkschaftskaders der WRP, der auf der Grundlage von kaum mehr als Opposition zu der Heath-Regierung rekrutiert worden war, führte Wilsons Rückkehr zu einem Wiederaufleben reformistischer Illusionen. Die Fähigkeit der WRP, dieser Tendenz entgegenzutreten, wurde ernsthaft beeinträchtigt, weil der Führer des Gewerkschaftsarms der Partei, Alan Thornett, für die Positionen der britischen Anhänger der OCI gewonnen worden war. Ohne seine wirklichen organisatorischen Verbindungen offenzulegen, und mit Dokumenten, die von Anhängern der OCI verfasst worden waren, stellte sich Thornett gegen die Angriffe der WRP auf die neue Labour-Regierung. In dieser schwierigen Situation, die nur durch Geduld und politische Festigkeit gelöst werden konnte, griff die Führung von Healy, Banda und Slaughter zu panikartigen organisatorischen Maßnahmen, die zum Ausschluss Thornetts und seiner Anhänger führten – wieder ohne ernsthafte politische Diskussion innerhalb der WRP, vom Internationalen Komitee ganz zu schweigen.
Das schlimmste Ergebnis dieser Spaltung bestand darin, dass eine andere, weit gefährlichere Strömung in der WRP gestärkt wurde. Diese Tendenz bestand aus Mittelklasse-Elementen, die nach Wilsons Sieg und der allgemeinen Dämpfung des Niveaus der Arbeitskämpfe sehr schnell die Geduld mit der Arbeiterklasse verloren und die Notwendigkeit ablehnten, einen geduldigen und beharrlichen Kampf innerhalb ihrer Massenorganisationen zu führen.
Die WRP passte sich an diese Kräfte aus der Mittelklasse an, die Mitte der siebziger Jahre die Parteiführung zahlenmäßig beherrschten, und entfernte sich rapide von der Arbeiterklasse. 1975 nahm dies die Form einer ultralinken Perspektive an: Die WRP rief zum sofortigen Sturz der Wilson-Regierung auf. In Wirklichkeit bedeutete dies, auf jeden tatsächlichen Kampf gegen den rechten Flügel in der Labour Party und dessen zentristische Verteidiger zu verzichten. Diese falsche politische Linie isolierte die Partei von der Arbeiterklasse und führte, wie in solchen Fällen üblich, zu einer völlig opportunistischen Praxis, die die ultralinke Politik ergänzte. Die »Workers Press« wurde in eine nach Art der Zentristen »populär« zurechtgestutzte Zeitung verwandelt, in die »News Line«.
Gleichzeitig führte eine impressionistische Reaktion auf die Niederlage des US-Imperialismus in Vietnam 1975 zu Spekulationen über das revolutionäre Potenzial des Stalinismus und der nationalen Bewegungen in den zurückgebliebenen Ländern. Die Suche nach Bündnissen mit bürgerlichen Nationalisten im Nahen Osten nahm einen prinzipienlosen Charakter an und degenerierte schließlich zu völlig opportunistischen Söldnerbeziehungen. Während die Mittel, die durch diese Beziehungen beschafft wurden, zeitweilig die dringendsten organisatorischen Probleme lösten, wurde die Theorie der permanenten Revolution auf Feiertagsreden beschränkt, und alle historisch gewonnenen Auffassungen über die Unabhängigkeit der Arbeiterklasse und ihre revolutionäre Rolle wurden systematisch untergraben. Demzufolge wurde die zentrale weltweite Strategie der trotzkistischen Bewegung – der Aufbau von Sektionen der Vierten Internationale, um die Krise der revolutionären Führung zu lösen – zugunsten der schon lange schwelenden nationalistischen Perspektive aufgegeben, die im Aufbau des IK nichts weiter sah als ein Ergebnis des materiellen Wachstums und der Erfolge der Workers Revolutionary Party in Großbritannien.
In den späten siebziger Jahren war es so weit, dass die rechtszentristische Praxis der WRP nicht länger mit ihren formalen Lippenbekenntnissen zu trotzkistischen Prinzipien in Einklang gebracht werden konnte. Die Ausbildung der Kader beschränkte sich fast ausschließlich auf eine subjektiv-idealistische Vulgarisierung des dialektischen Materialismus, deren Hauptverfechter Healy war. Was er »Praxis der Erkenntnis« nannte, war in Wirklichkeit eine systematische Rechtfertigung seiner eigenen pragmatischen Intuition, die bei richtiger Anwendung angeblich jedes Parteimitglied in die Lage versetzen würde, »schnellstens« eine nutzbringende Praxis auszuüben, ohne jemals wissenschaftlich die gesetzmäßige Entwicklung des Klassenkampfs analysiert zu haben. In einem Parteidokument versprach Healy, Parteimitglieder darin zu schulen, was »man am besten als unbewusste Anwendung der dialektischen Methode beschreiben kann« – eine außerordentliche Verdrehung des Marxismus, die Trotzki vor 40 Jahren schon verspottete, als er in einer gefeierten Schrift Max Shachtmans Verteidigung von James Burnham widerlegte.
Es ist kein Zufall, dass Healy einen solch groben theoretischen Unfug verbreiten konnte und niemand in der Führung der WRP dem etwas entgegensetzte. Im Namen des Kampfs gegen den »Propagandismus« wurde das Studium von Trotzkis Schriften ins Lächerliche gezogen. Der Kampf gegen den Revisionismus wurde vollkommen aufgegeben. Politische Differenzen in der WRP wurden entweder unterdrückt oder übertüncht. Dabei manövrierte Healy in einer Parteiführung, die hauptsächlich aus Vertretern der Mittelklasse bestand, die über keine Erfahrungen im Klassenkampf verfügten.
Folglich stand die WRP dem Sieg von Margaret Thatcher 1979 und der Errichtung der rechtesten Tory-Regierung seit Ende des Zweiten Weltkriegs politisch und theoretisch unvorbereitet gegenüber. Während sie formell die ultralinke Linie wahrte – d. h. die Aufstellung jeglicher Forderungen gegenüber der Labour Party ablehnte und darauf bestand, dass Thatcher nur durch eine revolutionäre Arbeiterregierung unter der Führung der WRP ersetzt werden könne –, nahm das Eingreifen der Partei in der Arbeiterbewegung einen durch und durch opportunistischen Charakter an. In praktisch jedem wichtigen Streik verteidigte die WRP die rechte Gewerkschaftsführung – wie Bill Sirs von der Stahlarbeitergewerkschaft. Als die linken Sprücheklopfer in der Labour Party unter der Führung von Ken Livingstone den Greater London Council (Stadtrat von Großlondon) eroberten, nahm die WRP sie unter ihren Schutz. Das ging so weit, dass die WRP Streiks von Arbeitern der Verkehrsbetriebe mit der Begründung ablehnte, dass der Haushalt des unter reformistischer Führung stehenden Greater London Council eine Lohnerhöhung nicht verkraften würde! Schritt für Schritt wurden so die theoretischen Errungenschaften der Vierten Internationale und die elementarsten Auffassungen der marxistischen Taktik im Klassenkampf aufgegeben. Anlässlich der britischen Invasion auf den Malwinen nahm die WRP zunächst eine pazifistische Haltung ein. Zu einem späteren Zeitpunkt gab es einen Fraktionskampf in der Kommunistischen Partei, bei dem es um die Kontrolle über deren Tageszeitung ging. Die WRP setzte sich enthusiastisch für die eurostalinistische Fraktion im Apparat der KP Großbritanniens ein, und zwar mit dem unglaublichen Argument, dass die Kontrolle über den »Morning Star«, das täglich erscheinende stalinistische Schmierblatt, als eine Errungenschaft der Oktoberrevolution verteidigt werden müsse!
Zwischen 1982 und 1984 versuchte die Workers League, mit der Workers Revolutionary Party eine Diskussion über deren politische Linie und theoretische Methoden aufzunehmen. Die Workers League legte eine ausführliche Analyse vor, die sowohl Healys Verdrehungen des dialektischen Materialismus behandelte, als auch den Rückfall der WRP auf Positionen, die historisch dem pablistischen Revisionismus zugeschrieben werden. Die Antwort der WRP auf diese Kritik bestand darin, der Workers League mit einer Spaltung zu drohen. Vom Standpunkt des Marxismus aus konnte dies nur bedeuten, dass die Degeneration der WRP bereits ein sehr fortgeschrittenes Stadium erreicht hatte. Seine Bestätigung fand dies in der tatsächlichen Entwicklung des Klassenkampfs. Gegen Ende des Jahrs 1983 unterstützte die WRP kritiklos die schwankende Politik der Führung der Druckergewerkschaft. Insbesondere entschuldigte sie deren Verrätereien mit dem Argument, man könne von einer Gewerkschaft mit »politisch gemäßigten Ansichten« nicht mehr erwarten. Vergessen war alles, was Trotzki über den britischen Generalstreik von 1926 geschrieben hatte, vergessen seine beißenden Kritiken an Purcell, Cook und dem Anglo-Russischen Komitee.
Jeder unkorrigierte Fehler erzeugte neue, schlimmere Fehler. Der Bergarbeiterstreik war der entscheidendste Kampf der Arbeiterklasse in der gesamten englischen Nachkriegsgeschichte. Die WRP vergaß wieder einmal alles, was sie über die Weigerung der OCI geschrieben hatte, während des Generalstreiks von 1968 politische Forderungen an die führenden Parteien der französischen Arbeiterklasse – die Kommunistische und die Sozialistische Partei – zu stellen (ganz zu schweigen von den zahlreichen Schriften, die Lenin und Trotzki dieser Frage gewidmet haben), und stellte nicht eine einzige Forderung an die Labour Party. Diese politische Enthaltsamkeit auf der Grundlage desselben kleinbürgerlichen Linksradikalismus, den Healy und Banda während der sechziger und frühen siebziger Jahre gewissenhaft bekämpft hatten, wurde ergänzt durch eine Anpassung an die Scargill-Führung der Bergarbeitergewerkschaft NUM. Scargill stellte kein einziges Mal die Forderung auf, dass der Gewerkschaftsdachverband TUC einen Generalstreik organisieren oder die Labour Party für Neuwahlen kämpfen müsse, um die Tories zu stürzen. Sorgfältig vermied er jeden politischen Zusammenstoß mit der TUC- und Labour-Bürokratie. Die WRP passte sich seiner syndikalistischen und zentristischen Linie an.
Zum Teil als Rechtfertigung dafür, dass kein Kampf zur Entlarvung der Labour Party geführt wurde, mehr jedoch als Ausdruck der extremen Desorientierung der WRP verkündete Healy, Thatcher habe sich während des ersten Monats des Bergarbeiterstreiks in einen bonapartistischen Diktator verwandelt. Die WRP behauptete, der Streik werde entweder mit der sozialistischen Revolution oder einer faschistischen Diktatur enden, und schloss damit die Möglichkeit einer erneuten Labour-Regierung kurzerhand aus. Sie lehnte jeden Gedanken daran, die Labour Party zum Kampf für die Absetzung Thatchers zu zwingen, um die Bergarbeiter zu verteidigen, kategorisch ab. Auf einer öffentlichen Versammlung im November 1984 erklärte Healy: »Wenn die Bergarbeiter besiegt werden, dann werden wir in Thatchers Großbritannien für illegal erklärt. Sie versucht nicht nur die Gewerkschaften zu zerschlagen, sie wird auch die revolutionärsten Elemente, die gegen sie kämpfen, für illegal erklären.«
Nachdem die WRP prophezeit hatte, dass es die Niederlage der Arbeiterklasse, die Festigung der Diktatur und wahrscheinlich das Verbot der WRP bedeuten würde, sollten die Bergarbeiter geschlagen an ihre Arbeitsplätze zurückkehren, erschütterte das Ende des Streiks die Partei bis in ihre Grundfesten. Die stark vereinfachte Perspektive der »unmittelbaren Revolution« – eine kindische Karikatur auf den Marxismus – brach zusammen, und dies setzte eine in der ganzen Partei angestaute Woge von kleinbürgerlichem Skeptizismus frei. Die Niederlage der Bergarbeiter brachte die Mittelklasse in der WRP zu der Überzeugung, dass nicht nur Healys Perspektive, sondern das gesamte historische Erbe des Trotzkismus falsch sei.
Vor diesem Hintergrund ging im Juli 1985 ein Brief von der Frau ein, die über 20 Jahre lang Healys persönliche Sekretärin gewesen war. Dieser Brief enthüllte Healys systematischen Missbrauch weiblicher Parteimitglieder. In den nächsten drei Monaten versuchte das Politische Komitee der WRP, den Skandal zu vertuschen. Banda und Slaughter unterdrückten den ganzen Sommer über die prinzipientreuen Bemühungen eines Mitglieds des Zentralkomitees, Dave Hyland, eine Kontrollkommission einzusetzen. Mitten in diesem schmutzigen Schlamassel explodierte schließlich noch eine Finanzkrise, die in der opportunistischen Politik der WRP wurzelte und sich seit Jahren zusammengebraut hatte. Die Führung konnte den Zusammenbruch des ganzen verrotteten Gebäudes nicht mehr verhindern. Healys persönliche Praktiken wurden in der Parteimitgliedschaft bekannt. Aller politischen und moralischen Autorität beraubt, konnte Healy das nun folgende antitrotzkistische Toben nicht mehr kontrollieren, das er selbst durch seine gesamte politische Linie zehn Jahre lang vorbereitet hatte. Schließlich hatte er selbst jedes Vertrauen in die historische Perspektive der Vierten Internationale verloren und gerade aus diesem Grund seinen eigenen demoralisierten Autoritätsmissbrauch nicht zügeln können.
Im Oktober 1985 kamen die angestauten Vorbehalte der Mittelklasse in der WRP zum Ausbruch. Diese kleinbürgerlichen Kräfte waren desillusioniert und verbittert, hatten die Nase voll von langen Jahren harter Arbeit, für die sie nicht belohnt worden waren, waren unzufrieden mit ihrer persönlichen Lage, wollten sie die versäumten Freuden des Lebens möglichst schnell nachholen und konnten das ganze Gerede von der Revolution nicht mehr hören. Die subjektive Raserei dieser kleinbürgerlichen Kräfte – angeführt von einer buntscheckigen Gruppe halbpensionierter Universitätsprofessoren – wurde politisch in Liquidatorentum übersetzt. Gerade weil der Skeptizismus, der breite Schichten der Partei erfasste, nicht nur in den subjektiven Fehlern der WRP-Führung, sondern grundlegender in objektiven Veränderungen der Klassenbeziehungen wurzelte, wurde er zu einer derart mächtigen sozialen Strömung in der Workers Revolutionary Party.
Die inflationäre Instabilität der siebziger Jahre und die Unfähigkeit des Reformismus, eine Lösung für die allumfassende gesellschaftliche Krise zu bieten, führte bei breiten Schichten der Mittelklasse zu einer Rechtswendung. Die Wahl von Thatcher in Großbritannien 1979, Reagan in den USA 1980 und Kohl in Deutschland 1983 waren ein Produkt dieser Rechtsentwicklung, die in der Arbeiterbewegung aller kapitalistischen Länder tiefgreifende Auswirkungen hatte, besonders in Großbritannien, wo eine große Gruppe von Labour-Rechten aus der Partei austrat, die Social Democratic Party gründete und sich offen mit den Liberalen gegen die Arbeiterklasse verbündete.
Das Anwachsen der Arbeitslosigkeit; die Demontage des althergebrachten Sozialstaats; die allgemeine Senkung des Lohnniveaus; die Wirkungslosigkeit von Streiks; die augenscheinliche Schwächung der Gewerkschaften; die Bewegung von Teilen der Mittelklasse – unter dem Einfluss von Reagans und Thatchers angebotsorientierter Wirtschaftspolitik – weg vom Reformismus, hin zu den Rechten; ihre Abwendung von sozialen Aktivitäten wie in den Sechzigern zugunsten von hemmungslosem Konsum und Genusssucht: Diese Entwicklungen hatten tiefe Auswirkungen auf die WRP. Die Mittelklasse-Kräfte darin waren soweit gekommen, dass sie glaubten, was in den Zeitungen stand: dass die Stärke der Arbeiterklasse durch die Automatisierung völlig ausgelaugt worden sei, dass die Entwicklung der Computertechnologie und der Datenverkehr dem Kapitalismus eine neue ökonomische Grundlage verschafft hätten, dass die Klasse der Industriearbeiter jetzt überflüssig werde und dass der Marxismus keine Bedeutung mehr habe. Ohne je die Veränderungen in der Wirtschaftskonjunktur oder die konkrete Entwicklung des Klassenkampfs ernsthaft zu analysieren, hatten sie jahrelang immer und immer wieder wiederholt, dass die sozialistische Revolution in England unmittelbar bevorstehe. Jetzt – und das ist der Kern ihrer Perspektive – haben sie die Möglichkeit einer Revolution nicht nur für dieses, sondern auch für die ersten Jahrzehnte des kommenden Jahrhunderts abgeschrieben.
Nur Menschen, die keinerlei Verantwortung gegenüber der Arbeiterbewegung mehr verspüren und mit jeder inneren Disziplin gebrochen haben, wie sie aus einem wissenschaftlich fundierten Vertrauen in die revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse hervorgeht, können in einer solchen Art und Weise reden, schreiben und handeln wie Banda, Slaughter und ihre Anhänger. Ihre soziale Grundlage ist nicht die Arbeiterklasse, sondern diejenigen Schichten der Mittelklasse, deren Illusionen in die historische Lebensfähigkeit des Kapitalismus durch »angebotsorientierte« Wirtschaftspolitiker wie Reagan und Thatcher neu belebt wurden.
Die wirklichen Perspektiven dieser Liquidatoren werden in einem Dokument ausgesprochen, das R. M., ein Mitglied der Banda-Slaughter-Fraktion, in einem internen Bulletin der WRP vorlegte:
Realistisch gesehen ist es in einer kapitalistischen Gesellschaft Idealismus, ein echter Berufsrevolutionär zu sein, weil es einem nichts weiter einbringt als eine Gefängnisstrafe wegen Terrorismus, Randale oder Konspiration. Die Masse des Proletariats braucht eine Partei, die sich auf sozialistische Prinzipien gründet. Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt muss eine Partei innerhalb des Systems arbeiten; wenn sie das nicht tut, unterschätzt sie die tatsächlichen Kräfte der Bourgeoisie und des Staats, besonders in England, wo wir vor der großen Aufgabe stehen, die älteste Bourgeoisie der Welt zu vernichten und zu zerschlagen.[2]
Weit entfernt von einem prinzipiellen Kampf gegen Healy sind Bandas »27 Gründe« das Endergebnis des Verrats der WRP an der Vierten Internationale. Sie sind eine Verteidigung des Opportunismus der WRP in verdrehter Form, denn sie schieben die Schuld für die politischen Verbrechen der WRP dem Trotzkismus selbst in die Schuhe. Bandas Dokument nimmt mit keinem Wort Bezug auf die politische Degeneration der WRP seit 1976. Seinen Aufruf, das IK zu begraben, leitet er aus einer Denunziation des IKVI-Beschlusses vom Dezember 1985 ab, die WRP als britische Sektion zu suspendieren. Offensichtlich kam Banda gerade dann zu der Überzeugung, dass das IK zerstört werden müsse, als es gegen die politischen Verrätereien der Workers Revolutionary Party einschritt. Für Banda ist alles, was die WRP getan hat, ein Ergebnis der Gründung der Vierten Internationale, und jegliche Verantwortung für all das, was in Großbritannien unter seiner und Healys Führung geschah, will er auf die Vierte Internationale abschieben. Um diesen seinen Standpunkt unter Beweis zu stellen, hat Banda seinen Posten als Generalsekretär verlassen und sich auf die Plantagen seiner Vorfahren in Sri Lanka zurückgezogen, wo er sich als der Theoretiker aus der Ferne in den Pausen seines gemütlichen Plauschs mit Colvin de Silva von der Lanka Sama Samaja Party (LSSP) daranmachte, alle Bananenschalen aufzuzählen, auf denen die Vierte Internationale in den letzten 48 Jahren ausgerutscht ist, um damit zu rechtfertigen, dass er selbst zum Renegaten geworden ist und an der Arbeiterklasse Verrat übt.